Beim Thema Flüchtlingspolitik platzt Lanz der Kragen: "Da werden reihenweise Versprechen gebrochen!"

Die Talkrunde am Dienstagabend (v.l.): Markus Lanz, Aachens Bürgermeisterin Sibylle Keupen, René Wilke (Oberbürgermeister Frankfurt/Oder), Landrat Olaf von Löwis, Gerald Knaus (Migrationsforscher)
Foto: ZDF

Von: Josef Nyary

27.03.2024 - 09:05 Uhr

Das war ein Anpfiff allererster Güte! ZDF-Talkmaster Markus Lanz (55) rechnete gestern mit der deutschen Flüchtlingspolitik so gnadenlos ab wie noch kein anderer TV-Moderator vor ihm.

Der Zorn des Talkmasters entlud sich vor allem auf zwei Parteien: "Dort, wo die SPD oder auch die Linkspartei die sogenannten kleinen Leute vermutet, da ist doch der Existenzkampf ganz besonders hart!", wetterte Lanz. "Und da werden reihenweise Versprechungen gebrochen!"

"Und dann", so Lanz sichtlich angefressen, "stellt man sich im Wahlkampf hin und erzählt was von Respekt und sagt: Wir nehmen dich ernst. Aber man nimmt sie nicht ernst!"

Ernüchterndste Analyse

"Wir können natürlich, und das ist ja auch sehr nobel von uns, die Fackel der Humanität immer hochhalten", warnte der Talkmaster. "Aber am Ende treffen Menschen politische Entscheidungen auch in der Wahlkabine aufgrund von ganz praktischen persönlichen Erwägungen!"

Und zwar, so Lanz weiter, "wenn es um die Frage geht: Geht es gerecht zu? Lohnt es sich, zu arbeiten, oder lohnt es sich nicht? Kriegen meine Kinder einen Kita-Platz? Habe ich eine bezahlbare Wohnung? Der Verteilungskampf um diese bezahlbaren Wohnungen wird immer härter!"

Irrste Attacken

Seine Gäste kannten die zunehmend aufgeheizte Stimmung in der Bevölkerung nur zu gut. Über René Wilke (39, Linke), Oberbürgermeister von Frankfurt/Oder, berichtete Lanz: "Er vermeidet es inzwischen, mit dem Fahrrad zu Terminen zu fahren. Zu gefährlich! Es gab Bürger, die ihn auf offener Straße verprügeln wollten."

Noch schlimmer: "Als Amtsträger muss man heute damit rechnen, dass Morddrohungen kommen", schilderte Wilke selbst. "Es gab Leute, die mir Fantasien geschickt haben, wie sie mich mit der Axt zerstückeln wollen!"

"Ich habe gezittert"

Olaf von Löwis (70, CSU), Landrat von Miesbach
Foto: ZDF

Olaf von Löwis (70, CSU), Landrat von Miesbach, wollte in Warngau (3700 Einwohner) für ein Containerdorf mit 500 Flüchtlingen werben. Doch nach einer Infoveranstaltung musste er von der Polizei vor wütenden Einheimischen in Sicherheit gebracht werden.

Ein ZDF-Einspieler zeigte, wie der Landrat ausgebuht wurde. Als die Empörung immer heftiger wurde, so von Löwis, "hat die Polizei mich durch den Hintereingang aus dem Saal in ein Polizeiauto geführt. Ich habe gezittert! Traktoren sind auf das Polizeiauto zugefahren! Es gelang aber, einigermaßen sauber rauszukommen."

Schlimmste Zahlen

Die Aachener Oberbürgermeisterin Sibylle Keupen (61, parteilos)
Foto: ZDF

Die parteilose, für die Grünen angetretene Aachener Oberbürgermeisterin Sibylle Keupen (61) wollte mehr "Möglichkeiten schaffen, um die Menschen zu integrieren". Doch Landrat von Löwis widersprach sofort: "Wir sind gar nicht mehr in der Lage, zu integrieren. Wir beschäftigen uns überwiegend mit der Unterbringung!"

Auch Lanz schonte die Oberbürgermeisterin nicht: "50 Prozent der Tatverdächtigen bei Gewaltkriminalität in Aachen haben keinen deutschen Pass!", stellte er fest. "Der Anteil an der Bevölkerung liegt aber gerade mal bei 24 Prozent. Das tut richtig weh!"

Alarmierendste Befürchtung

"Es darf nicht so enden wie in den letzten Jahren in Schweden", mahnte der Migrationsforscher Gerald Knaus (54) zum Schluss. "Ein Land, das sehr offen war, sehr humanitär, und wo es jetzt wirklich eine hohe Zunahme von Kriminalität, auch Drogenkriminalität, gibt!"

Seine eindringliche Warnung: "Angstmachen ist gefährlich, aber wenn sehr viele Menschen in kurzer Zeit kommen und man überfordert ist, ist die Gefahr, dass die Trends in die falsche Richtung gehen. Wenn man die Probleme verschweigt, werden sie wachsen."


Quelle:


CDU-Landrat bei Markus Lanz:
Meine Mitarbeiter im Ausländeramt weinen

Von: Josef Nyary

28.03.2024 - 03:30 Uhr

Es wird immer schlimmer. "Wir kommen kaum noch aus dem Krisenmodus heraus", klagte Christian Engelhardt (51, CDU), Landrat des hessischen Kreises Bergstraße, jetzt bei Markus Lanz (55) über die Migration. "Wir sind sehr belastet und überlastet. Vor drei Tagen waren Mitarbeiter aus dem Ausländeramt bei mir, die haben geweint!"

Die Runde am Mittwochabend (v.l.): Markus Lanz, Bezirksbürgermeisterin Cordelia Koch, Oberbürgermeister Andreas Bausewein, Bürgermeisterin Ursula Baum und Landrat Christian Engelhardt
Foto: ZDF

"Ihre eigenen Leute?", fragte der Talkmaster überrascht. Engelhardt: "Meine eigenen Leute haben geweint, weil sie mir gesagt haben, sie kommen mit dieser dauerhaften Überlastungssituation nicht zurecht. Wir brauchen mehr Leute, aber die finde ich nicht!" Überraschendster Widerspruch

Landrat Christian Engelhardt (51, CDU)
Foto: ZDF

Die Sorge des Landrats um seine Mitarbeiter lenkte den Blick auf eine bisher nur wenig beachtete Folge der hohen Zuwanderungszahlen: Was macht der tägliche Kampf um Schlaf-, Schul- oder Kita-Plätze für Flüchtlinge eigentlich mit denen, die das alles beschaffen sollen, möglichst im Handumdrehen, aber schon lange nicht mehr wissen, wie?

Cordelia Koch (52), Bezirksbürgermeisterin in Berlin-Pankow, lieferte dazu eine ganze eigene Sicht der Dinge: "Über die Geflüchteten wird sehr viel gesprochen", erklärte sie, "und je mehr das thematisiert wird, desto mehr beschäftigt das auch die Menschen, und es wird auch als Problem empfunden."

Entlarvendster Neu-Sprech

Cordelia Koch (52), Bezirksbürgermeisterin in Berlin-Pankow

Wie bitte? Lanz baff: "Sie meinen, es wird besser, wenn wir nicht darüber reden?" Koch: "Nein. Aber es ist die Frage, WIE wir darüber reden." Lanz: "Und wie sollten wir darüber reden?"

In ihrer Erwiderung vermied Koch knapp ein verräterisches Wort: "Wie können wir die Probl ... Situation lösen?", fragte sie zurück. "Was ist unsere Chance, wenn Menschen zu uns kommen und bei uns arbeiten wollen? Wir brauchen Arbeitskräfte!"

Typisch: Statt "Problem" heißt es jetzt "Chance", so wie "Schulden" als "Vermögen" und "Sozialhilfe" als "Bürgergeld" gepriesen werden.

Deutlichste Zurechtweisung

"Wir sollten anfangen, bei der Flüchtlingssituation zwischen der Zuwanderung in den Arbeitsmarkt und der humanitären Zuwanderung zu unterscheiden", mahnte Landrat Engelhardt prompt. "Das sind zwei verschiedene Paar Schuhe!"

Denn, so der CDU-Politiker: Asylbewerber zu integrieren "dauert Jahre", und "damit löse ich die Fachkräfteproblematik nicht." Beides zusammenzuwerfen sei ein "nicht richtiges Zusammenmengen von Problemlage und Situation".

Kochs schlichte Entgegnung: "Im rechtlichen Staat ist das natürlich etwas Unterschiedliches, aber die Menschen brauchen Arbeit. Das ist meine Meinung."

Alarmierendster Klage-Katalog

Erfurts Oberbürgermeister Andreas Bausewein (50, SPD)

Erfurts OB Andreas Bausewein (50, SPD) sah es wie der CDU-Mann: "Wir haben es lange Jahre richtig gut gemacht, aber wir sind an dem Punkt angekommen, wo es nicht mehr funktioniert", stellte er fest. "Vor 10 Jahren hatten wir in der Ausländerbehörde sieben Mitarbeiter. Jetzt habe ich dort 52, es müssten aber 92 sein, und ich finde kein Personal mehr."

Noch schärfer die Warnung aus der dritten Ampel-Partei:

"Die Leute sind frustriert, weil sie keinen Wohnraum finden, keinen Schulplatz, keinen Kindergartenplatz bekommen", mahnte Ursula Baum (56, FDP), Bürgermeisterin von Kaarst bei Düsseldorf. "Sie sehen, was für Sozialleistung gezahlt wird, dass Menschen schwarzarbeiten, keine Menschen abgeschoben werden!"

Wichtigste Forderungen

Ursula Baum (56, FDP), Bürgermeisterin von Kaarst bei Düsseldorf

Dazu komme die drohende Ausländer-Kriminalität. Baum: "In Düsseldorf in die Altstadt zu gehen, meine Töchter machen das nicht mehr. Wenn du da als Mädel durch die Gegend gehst, wirst du angepöbelt, angemacht. Wir müssen bei manchen Dingen härter werden!"

Landrat Engelhardt schloss: "Wir müssen unsere Art zu leben zum Maßstab für das Miteinander in Deutschland machen. Die Regeln, die hier gelten, gelten für alle. Und wir müssen akzeptieren, dass es faktische Grenzen gibt dessen, was wir schaffen können."


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